Warum Luftdichtheit prüfen?
Mit dem Differenzdruck-Messverfahren (auch genannt: Blower-Door-Test oder Luftdichtheitsprüfung) wird die Luftdichtheit eines Gebäudes gemessen. Das Verfahren dient dazu, Lecks in der Gebäudehülle aufzuspüren und die tatsächliche Luftwechselrate zu bestimmen. Das Ziel eines jeden Bauvorhabens sollte es sein, eine optimale Wohnbehaglichkeit zu erreichen und die dafür eingesetzte Energie zu minimieren. Dazu ist es notwendig, eine einigermaßen luftdichte Außenhülle an jedem Gebäude zu schaffen. In der deutschen DIN 4108, Teil 7, etwa wird der „Einbau einer luftundurchlässigen Schicht über die gesamte Fläche“ gefordert. Die DIN setzt verbindliche Grenzwerte für die Luftwechselrate n50 fest, somit hat ein neues Gebäude den Anspruch auf eine gewisse Luftdichtigkeit, welche durch die Differenzdruckmessung nachgewiesen werden kann.
Jedes Gebäude muss nach heutigem Standard eine geplante, lückenlose, dichtende Ebene zwischen Innen- und Außenbereich aufweisen. Dies wird mit zunehmenden Dämmstoffstärken immer wichtiger, da der Wärmedurchgang über Transmission durch gut gedämmte Bauteile zwar sehr gering ist, aber seine Effizienz verliert, wenn ein großer Teil der zugeführten Energie durch Konvektion über Leckagen verlorengeht. Die Leckageortung im Rohbauzustand mit Hilfe eines im Gebäude erzeugten Unterdruckes lässt Leckagen erkennen. Diese können ohne großen Aufwand vor dem Einbau der Beplankungen behoben werden. Es lässt sich somit nachhaltig Energie einsparen und die Gefahr von Bauschäden und Herabsetzung der Dämmwirkung durch Kondensation in den Dämmstoffen während der Winterperiode reduzieren.
Der Blower-Door-Test gliedert sich in drei Phasen
- In der ersten Phase wird ein konstanter Unterdruck von 50 Pascal oder etwas höher erzeugt und aufrechterhalten. Während dieser Phase wird die Gebäudehüllfläche nach Leckagen (undichte Stellen) abgesucht, an denen Luft unerwünscht hereinströmt. Bei der späteren Nutzung des Gebäudes sind diese Leckagen die Stellen, an denen beheizte Innenluft nach außen entweicht. Größere Fehlstellen lassen sich bereits mit der Hand erfühlen, für kleinere benutzt man Rauchspender (Rauchmaschinen) oder Luftgeschwindigkeitsmesser. Die genauesten Messungen der Luftleckagen sind mittels Infrarotkamera möglich. Auch die Nachweisführungen der undichten Bereiche werden durch die Infrarotbilder sehr exakt und anschaulich wiedergegeben. Somit ist eine gezielte Nachbesserung der Undichtigkeiten an der dichtenden Ebene von Gebäuden möglich.
- In der zweiten Phase wird ein Unterdruck aufgebaut, wobei man mit kleinen Drücken (10 bis 30 Pascal) beginnt und schrittweise (z. B. in 5 bis 10 Pascal-Schritten) bis auf den Enddruck (60 bis 100 Pascal) erhöht. Bei jedem Schritt wird der jeweilige Luftvolumenstrom in Abhängigkeit von dem Gebäudedruck gemessen und protokolliert.
- In der dritten Phase wird ein Überdruck erzeugt und die Messung wird analog zur Unterdruckmessung wiederholt.
Anforderung und Bewertung
Aus den gesamten Ergebnissen des Über- und Unterdruckes des Gebäudes wird die mittlere Luftwechselrate (n50-Wert) errechnet. Dieser gibt an, wie oft die Luft in dem gemessenen Gebäude durch Leckagen bei einem Referenzdruck von 50 Pascal in einer Stunde ausgetauscht wird. Ein n50-Wert = 2,5 h−1 bedeutet zum Beispiel, dass die Luft in dem Gebäude bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal in einer Stunde 2,5 mal durch Luftundichtigkeiten ausgetauscht wird. Der genaue Ablauf der Messung ist in DIN EN 13829 bzw. DIN EN ISO 9972 geregelt. Für eine Blower Door Untersuchung an einem Einfamilienhaus vor Ort muss eine Zeit von ungefähr 3 Stunden veranschlagt werden. Voraussetzung ist, dass das Volumen und die Grundflächen des Gebäudes innerhalb der dichtenden Ebene ermittelt wird. Nach Abschluss der Messungen bekommt der Hausbesitzer ein Zertifikat über die Qualität der gemessenen Gebäudehülle, falls die Grenzwerte nach Norm nicht überschritten wurden. Diese liegen derzeit bei 3,0 h−1 für Wohngebäude und 1,50 h−1 für Wohngebäude mit Lüftungsanlage.
Das Differenzdruck-Messverfahren sollte an jedem Neubau und Umbau durchgeführt werden, um evtl. vorhandene Fehlstellen der Gebäudehülle frühzeitig zu lokalisieren. Die EnEV (Energieeinsparverordnung) bzw. das GEG (Gebäudeenergiegesetz) honoriert die Durchführung der Blower-Door-Messung. Werden die Grenzwerte eingehalten, darf ein reduzierter Luftwechsel angesetzt werden und bei Gebäuden mit Lüftungsanlage gehört die Blower-Door-Messung zum Standard, da nur mit Dichtheitsnachweis diese Technik im Energiebedarfsnachweis berücksichtigt werden darf. Bei KfW-Effizienzhäusern und Passivhäusern ist der Nachweis Pflicht.
Bei der Messung geht es um zwei Ziele. Erstens darf die Luftmenge, die der Ventilator fördert und die durch unvermeidliche Fugen usw. entweicht, höchstens 3,0 mal in der Stunde die Luft im Gebäude austauschen (Vorgabe durch das Gebäudeenergiegesetz GEG 2020, bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen höchstens 1,5 mal) und zweitens sollte derjenige, der die Messung durchführt, auch die Fehlstellen lokalisieren und dokumentieren, damit diese beseitigt werden können. Es nützt also nichts, einen Blower-Door-Test durchzuführen, dann festzustellen, dass die Norm nicht eingehalten wird (keine Erstellung des Zertifikates möglich), ohne eine genaue Ortung der Leckstellen vorzunehmen.
Die letzte Forderung ist nicht direkt Gesetz, sondern gehört zu den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik, auf deren Einhaltung z. B. ein Bauherr auch ohne besondere Vereinbarung Anspruch hat. Deshalb müssen Fehlstellen rechtzeitig erkannt und beseitigt werden. Typische Luftwechselraten als Ergebnis der Gebäude-Dichtheitsmessung sind: bei undichten Altbauten 4 bis 12 h−1; bei Neubauten ohne besondere Sorgfalt 3 bis 7 h−1; bei Niedrigenergiehäusern 1 bis 2 h−1 und bei Passivhäusern 0,1 bis 0,6 h−1. In Passivhäusern ist die Luftdichtheit besonders wichtig, daher ist dort ein Grenzwert von 0,6 h−1 vorgegeben (gemessen jeweils bei 50 Pascal).
Leckageortung
Ein Gebäude muss gelüftet werden (z. B. zur Feuchtigkeitsabfuhr) – aber nur über die vorgesehenen Lüftungsmöglichkeiten. Strömt Raumluft (die immer feucht ist) durch Mängel in der Bauausführung (ungewollte Fugen, Schlitze usw.) ins Freie, sind fast immer Bauschäden (Schimmel usw.) programmiert. Strömt z. B. feuchte Raumluft durch Mineralwolle, so kommt es zum Tauwasserausfall: Entsprechend der Funktion der Mineralwolle zur Wärmedämmung ist eine Seite der Mineralwolle warm – und zwar die, die dem Raum zugewandt ist – und die andere Seite ist im Winter kalt. Kommt die Raumluft in den kalten Bereich, wird die Luft stark gekühlt, der Taupunkt wird unterschritten und Tauwasserausfall ist die Folge. Wegen der mangelnden Zugänglichkeit kann dieses Tauwasser nicht – wie am Fenster – abgewischt werden. Die einzige Vermeidungsmöglichkeit ist eine sorgfältig luftdichte Ausführung der Konstruktion auf der warmen Seite (luftdichte Schicht).
Luftdichtheit darf nicht mit Dampfdiffusionsdichtheit verwechselt werden. Ein normaler Innenputz auf einem Mauerwerk ist z. B. ausreichend luftdicht, aber dampfdiffusionsoffen – das Gleiche gilt für Luftdichtungspapiere. Bei der Herstellung einer luftdichten Ebene geht es nicht um absolute Dichtheit, sondern um die Vermeidung von Konvektion, welche durch das rasche Entweichen von größeren Luftmengen durch Leckagen entsteht. Anzumerken ist, dass durch Luftdichtigkeit oft auch der Schallschutz verbessert wird. Luftdichtheit in Bezug auf Schallschutz und Geruchsbelästigungen sind oft zwischen verschiedenen Wohnungen innerhalb eines Hauses ein wichtiger Aspekt. Mit der Differenzdruckmessung können einzelne Wohnungen auf ihre Dichtheit hin beurteilt werden.
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